Herr Wichtigmann und die Moral

Herr Wichtigmann, so kann man sagen,
Fühlt Kompetenz in allen Fragen;
Bei der Moral legt Wichtigmann
Den allerhöchsten Maßstab an.

Mit welch erhabenem Verstand
Hat er das Unrecht stets erkannt!
Da glänzt er in dem hellen Schein,
Apostel der Moral zu sein.

Kein andrer urteilt so wie er,
So klar, so geistreich und so hehr;
Der Klügste, das ist seine Sicht,
Kann reichen im das Wasser nicht.

Was für ein Mensch ist Wichtigmann?
Ob er ein Beispiel geben kann,
Wie man im Leben richtig lebt,
Nach schönen Idealen strebt?

Wie sieht es bei ihm selber aus,
Mit der Mora im eignen Haus?
Ich schaut‘ mich um und sah schnell ein,
Er predigt Wasser, säuft selbst Wein.

Die eigne Frau behandelt er
Als ob sie seine Sklavin wär;
Bei Fremden hat er sich beschwert,
Sie sei doch seiner gar nicht wert.

Zu einfach in der ganzen Art,
Ein Dummchen halt, nicht sein Format;
Und wenn sie ihn mal nicht versteht,
Klar, daß er in die Luft dann geht.

Er wütet wie ein Haustyrann,
Wirft auch mit Sachen ab und an,
Tut sie was, das ihm nicht gefällt,
Kanns sein, daß er sie schlägt, der Held.

Den Kindern sagte er, den beiden,
Mehrmals, hört her, ich laß mich scheiden;
Zu dieser Zeit warn sie noch klein,
Er ließ sie mit der Angst allein.

Dann gab es später häufig Krach,
Weil seine Tochter widersprach;
Natürlich, daß ihm das nicht paßte,
Ein Grund für ihn, daß er sie haßte.

Kam Schwiegervater in sein Haus,
So war ihm das ein wahrer Graus:
Er haßte diesen alten Mann,
Wie niemand schlimmer hassen kann.

Für ihn hat er sich, habt gut Acht,
Was ganz Besondres ausgedacht:
Der Alte konnte vor ihm stehn,
Er hat ihn einfach übersehn!

So wurde er zur Unperson
Durch seinen eignen Schwiegersohn;
Der saget dann auch ungeniert,
Mich stört es nicht, wenn er krepiert!

Mit einem Freund, man glaubt es nicht,
Zog er gleich zweimal vor Gericht;
Der Richter meinte, Wichtigmann
Tickt nicht ganz richtig dann und wann.

Und im Geschäft, der Herr Kollege,
Der war ihm jahrelang zu träge;
So schimpfte Wichtigmann gehässig,
Mein Partner ist nicht zuverlässig.

Sieht man die Leistung im Vergleich,
Wird er auf meine Kosten reich;
Wie’s Schicksal spielt, sein Partner dann,
Der machte ihn zum reichen Mann:

Weshalb er ihn auch heut verehrt,
Und das ist sicher nicht verkehrt.
Zum Abschluß so ein guter Zug,
Und damit sei es auch genug.

Schon oft warn die Moralverkäufer
Am Ende doch die ärgsten Sünder;
Bleibt als Moral von der Geschicht:
Herr Wichtigmann ein armer Wicht!

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